Kenner der Materie wissen um den Hintergrund der Manufaktur Parmigiani Fleurier, die Ihrem Gründer nicht nur den Namen, sondern auch das Renomee als Spezialist für die Restauration wertvoller alter Uhren verdankt. Anfang Dezember, zum 25. Jubiläum der Manufaktur, präsentierte man das Einzelstück La Rose Carrée, eine im wahrsten Sinne des Wortes einzigartige Uhr als krönende Abschluss des Jubiläumsjahres von Parmigiani.
Mit La Rose Carrée, einer 64 Millimeter große Doppel-Savonette Taschenuhr aus Weißgold läßt man bei Parmigiani das Jahr des 25-jährigen Bestehens klangvoll ausklingen. La Rose Carrée vereint faszinierende Handwerkskunst mit einem historischen Erbe.
Im Inneren arbeitet ein Original-Uhrwerk des legendären Uhrmachers Louis-Elisée Piguet, das in der Zeit zwischen 1898 und 1904 entstanden ist. Piguet war damals auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Dieses seltene Objekt der Vergangenheit bietet eine Grande Sonnerie und eine Minutenrepetition.
Obwohl das Uhrwerk vollständig restauriert wurde, hat es seine Authentizität bewahrt. Ein graviertes „Rose Carrée“-Muster erstreckt sich über das historische Kaliber und ist auch auf dem neu gestalteten Gehäuse zu finden. Dieses ist mit transluzidem Grand-Feu-Emaille in changierenden Blautönen dekoriert. La Rose Carrée ist das Vermächtnis genialen Könnens aus der Vergangenheit in Einklang mit großartiger Handwerkskunst der Gegenwart. Daß sich damit Geschichte und Gegenwart so überzeugend verbinden, macht La Rose Carrée einzigartig.
Die Geschichte von La Rose Carrée ist wie ein überliefertes Märchen, in dem es um Zufälle, Verwandlung, Wiedergeburt und vor allem um Schönheit geht.
In den späten 1990er Jahren erwarb Michel Parmigiani ein Uhrwerk mit Grande Sonnerie und Minutenrepetition. Es stammte aus dem späten 19. Jahrhundert, gefertigt von dem Uhrmacher Louis-Elisée Piguet, der für seine Uhrwerke mit großen Komplikationen berühmt war. Mehr als 20 Jahre lag dieses Uhrwerk nun in einer Schublade und wartete darauf, restauriert zu werden.
2021 entschied der neue CEO von Parmigiani Fleurier, Guido Terreni, dass das 25-jährige Jubiläum des Hauses mit einem besonderen Projekt entsprechend gewürdigt werden sollte. Er initiierte dieses gemeinsam mit dem Gründer Michel Parmigiani, der auch einer der bekanntesten Uhrenrestauratoren der Welt ist.
Beide wollten eine charakteristische Uhr schaffen, in der die gesamte Handwerkskunst von Parmigiani Fleurier, die Philosophie von Michel Parmigiani, die Vision von Guido Terreni und die Talente der Mitarbeiter zum Ausdruck kommen.
So entstand La Rose Carrée innerhalb von knapp zwölf Monaten, was so gesehen schon eine Leistung für sich darstellt. Ein Team unter der Leitung von Michel Parmigiani und Guido Terreni arbeitete unermüdlich daran, das Erbe des außergewöhnlichen Stückes neu zu beleben und das Grande Sonnerie-Uhrwerk in eine neue Dimension zu erheben.
Dank der Erfahrung und des Könnens in der Restaurierungswerkstatt von Parmigiani Fleurier erstrahlt es nun in seinem alten Glanz. Als angemessenen Rahmen schuf man ein aufwändig dekoriertes Uhrgehäuse aus Weißgold, das im Durchmesser 64 Millimeter misst. Das Uhrwerk und das Gehäuse bieten in Form und Funktion eine perfekte Einheit. Das macht La Rose Carrée zu einer Taschenuhr, die durch ihre Herkunft und ihr Design einzigartig ist.
Das Kaliber Louis-Elisée Piguet mit der Nummer 5802 ist ein wahrlich außergewöhnliches Uhrwerk. Es ist eines von 230 Exemplaren dieser Art, die der berühmte Uhrmacher Ende des 19. Jahrhunderts gefertigt hat.
„Uns wurde ein Uhrwerk anvertraut, das in vielerlei Hinsicht bemerkenswert ist – aufgrund seiner Komplikationen, der Anzahl der Komponenten und seiner Qualität“, sagt Francis Rossignol, der in der Wertstatt für Restaurierung mit Michel Parmigiani zusammenarbeitet. „Unser Ziel ist es, ein Uhrwerk zu verschönern, es in einigen Aspekten zu verbessern und dabei stets im Hintergrund zu bleiben.“
„Dies ist in der Tat ein herausragendes Uhrwerk“, sagt auch Christie Girel, ebenfalls aus der Restaurierungswerkstatt von Parmigiani Fleurier und beauftragt mit der Aufarbeitung. „Louis-Elisée Piguet hat feine Uhrwerke für die besten Marken hergestellt. Das Finish, die Schliffe, die Unruh und auch die Hauptplatine – alles ist perfekt, sogar unter dem Mikroskop. Vom kleinsten bis zum größten Einzelteil.“
Auch in Bezug auf die Funktionen ist das Uhrwerk außergewöhnlich: „Es bietet eine Grande Sonnerie. Die Stundenzahl wird also zu jeder vollen Stunde geschlagen, zudem erklingt zur Viertelstunde die Anzahl der Viertelstunden. Die Minutenrepetition kann auf Verlangen die Stunden, Viertelstunden und Minuten wiedergeben“, sagt Christie Girel. Die Akustik des Uhrwerks, also der Klang des Schlagwerks, ist ein wahrer Hörgenuss.
Während das Uhrwerk restauriert wurde, entstand das Gehäuse neu.
Es ist mit zwei Sprungdeckeln versehen, die von Eddy Jaquet kunstvoll mit einem Motiv mit der Bezeichnung „Rose Carrée“ graviert wurden. Die quadratische Form der Rosen, die von dem grafischen Anblick welkender Rosenblätter inspiriert ist, wurde sorgsam und mit großer Geduld von Hand graviert. Die Anordnung folgt der Idee der Goldenen Spirale, einer mathematischen Ableitung des Goldenen Schnitts, die sich in der Natur an Bäumen, Pflanzen und Muscheln finden lässt.
Diese Goldene Spirale ist die Inspiration für die Gestaltung der beiden Sprungdeckel am Gehäuse, die beide geometrische Rosenmotive inmitten blauer Wellen tragen – wie in einem tiefen Meer. „Das Blau von La Rose Carrée zeigt die Farben eines Gewässers, wie man es von oben sehen würde – in all den Nuancen und feinen Veränderungen der Blautöne, je nach der Tiefe des Wassers“, sagt Michel Parmigiani.
Während Blau für ihn schon immer eine emotionale Farbe war, bedeutet die blaue Rose für ihn den Inbegriff von Seltenheit. Immerhin gelten Rosen als die begehrtesten, elegantesten und erlesensten Blumen. Durch ihre Darstellung in der Farbe Blau erscheinen sie wie ein geheimnisvolles Symbol, das dafür steht, daß man das Unmögliche erreichen kann.
Die Krönung: Grand-Feu-Emaille
Die Künstlerin und Emaillemeisterin Vanessa Lecci brachte auf den Sprungdeckeln drei bis vier Schichten blaues Grand-Feu-Emaille auf – mit Geduld und Sorgfalt. So erhielt die prächtige Gravur noch mehr Tiefe und eine satte Farbe. Eine außergewöhnliche Leistung ist, daß die aufwändige Emaillierung auf beiden Seiten des Gehäuses gleich erscheint.
Weitere Herausforderungen für Vanessa waren die Arbeit auf der komplex strukturierten Oberfläche sowie die Dimension der Motive. Denn die Sprungdeckel sind größer als eine Armbanduhr. Während emaillierte Motive bei Armbanduhren oft nur 30 Millimeter messen, war in diesem Fall eine im Durchmesser 60 Millimeter große Fläche zu gestalten. Es war ein Test für das Können und die Nerven der Künstlerin auf höchstem Niveau.
Beide Sprungdeckel sind symmetrisch und aufeinander bezogen graviert.
Wenn man den ersten öffnet, blickt man auf ein großzügiges, übersichtliches Zifferblatt, das vollständig aus schwarzem Onyx besteht. Dessen Bearbeitung stellte eine große Herausforderung dar. Über die dunkle, spiegelähnliche Oberfläche kreisen zwei durchbrochen gearbeitete Weißgold-Zeiger in Delta-Form. Die kleine Sekunde ist von einem Kreis aus Weißgold gerahmt. Beim Öffnen des zweiten Deckels zeigt sich das restaurierte Uhrwerk, dessen Oberfläche vollständig graviert wurde. Die Hauptplatine und die Brücken tragen nun ein Rose Carrée-Motiv. Die Gravur der Originalteile bewahrte die Authentizität des Uhrwerks und sorgte zugleich für einen noch ästhetischeren Anblick.
Die mit einem blauen Saphir besetzte Krone wird von einer Raute mit Gravur und blauem Grand-Feu-Emaille gerahmt. An ihr kann eine Kette aus quadratischen Gliedern befestigt werden, die ebenfalls vom Rose Carrée-Motiv inspiriert ist. Sie wurde vom letzten traditionellen Kettenhersteller der Schweiz, von Laurent Jolliet, in Handarbeit gefertigt.
La Rose Carrée ist das Ergebnis der passionierten Zusammenarbeit zahlreicher Gewerke
Beteiligt waren Restauratoren, Designer, Gehäusemacher, ein Angleur, ein Graveur, Zifferblatthersteller, Kettenhersteller und eine Meisteremailleuse.
Da dieses Projekt mit überliefertem Handwerk verbunden ist, nennt man sie (wie einst die besten Handwerker) die „Goldenen Hände*“ beziehungsweise „les mains d’or“. Sie alle gaben ihr Bestes für dieses Projekt, das von der Vision von Michel Parmigiani inspiriert ist. Gemeinsam sind den Mitgliedern dieses Teams auch die Gestaltungsprinzipien, die auf der mathematischen Vorstellung von Schönheit beruhen. Denn der Goldene Schnitt steht in engem Zusammenhang mit der Fibonacci-Folge, einer Folge natürlicher Zahlen. Alle Beteiligten an diesem Projekt eint der Anspruch an ihre Arbeit sowie der Wille, Klassiker der Uhrmacherkunst zu bewahren. Sie teilen die Liebe zu Objekten, die auf bestmögliche Weise gefertigt werden.
Zu dem Netzwerk von Handwerkern, die bei Parmigiani Fleurier sowie in der Restaurierungswerkstatt der Manufaktur arbeiten, gehören auch unabhängige Künstler, die seit Jahren eng mit Michel Parmigiani zusammenwirken. Sie alle sind stolz, an der Wiedergeburt eines Uhrwerks von solch außergewöhnlicher Komplexität und Qualität teilzuhaben. Und alle folgen der Philosophie von Guido Terreni, dass Traditionen zu ehren und die Moderne mit der Exzellenz und dem talentierten Können von Parmigiani Fleurier zu vereinen ist.
In einem Zeitraum von 120 Jahren haben sich Louis-Elisée Piguet und Parmigiani Fleurier der Aufgabe gestellt, eine außergewöhnliche Uhr zu fertigen. Während sich ihre Zeit, ihre Möglichkeiten und ihr Geschmack unterscheiden, ähneln sie sich in Bezug auf ihre Denkweise, ihr Handwerk und die Liebe zum Detail. La Rose Carrée stellt die Verbindung zwischen ihnen her – mit wohlklingender Zeit, Schönheit und Können.
Die technischen Features der La Rose Carrée
- Gehäuse: Taschenuhrgehäuse mit zwei Sprungdeckeln aus 18 Karat Weißgold PD210, poliert, Durchmesser 64 mm, Höhe 20 mm
- Krone: Ø 10 mm, besetzt mit einem natürlich blauen Saphir
- Bügel: Rautenförmig mit blauem Grand-Feu-Emaille und handgraviert mit La Rose Carrée-Motiv
- Sprungdeckel:18 Karat Weißgold PD210, poliert, Form „Chevé“, handgraviert, blaues Grand-Feu-Emaille
- Wasserdichtheit: /
- Uhrglas: entspiegeltes Saphirglas „Chevé“
- Zifferblatt: Massiver Onyx, Schwarz. Polierte Oberfläche, Quadratische Indizes und Logo „PF“ aus 18 Karat Weißgold, appliziert, Rahmen der kleinen Sekunde aus 18 Karat Weißgold
- Zeiger: Stunden und Minuten: 18 Karat Weißgold, skelettiert, Delta-Form
- Kleine Sekunde: 18 Karat Weißgold, Stabzeiger mit quadratischem Gegengewicht
- Uhrwerk: PF992 – Originalwerk mit Handaufzug, gefertigt von Louis-Elisée Piguet in der Zeit zwischen 1898 und 1904, mit individueller Nummerierung 5802, Gangreserve 32 Stunden, Frequenz 18.800 A/h (2,5 Hz), 27 Lagersteine, 2 Federhäuser.
- Gesamtzahl der Komponenten: 331 ohne Stifte
- Durchmesser: 43 mm / 19‘‘
- Funktionen: Stunden, Minuten, Kleine Sekunde, Grande Sonnerie, Minutenrepetition
- Dekoration: Brücken und Hauptplatine von Hand angliert und mit La Rose Carrée-Motiv graviert
- Kette: Handgefertigt aus 18 Karat Weißgold, 32 quadratische Glieder (angliert und poliert), zwei gravierte Quadrate, graviertes Oval mit Logo „PF“; im Verlauf angeordnet.
Ob und wie lange diese Einzelanfertigung im Besitz von Parmigiani Fleurier verbleibt, dürfte wohl letztlich die Frage einer entsprechenden Kaufofferte sein. Man munkelt, diese müsste sich wohl im 7-stelligen Bereich bewegen…
Zur Webseite von Parmigiani Fleurier
*Die “Goldenen Hände” oder “les mains d’or” die an der Entstehung der La Rose Carrée beteiligt waren:
- Guido Terreni, CEO
- Michel Parmigiani, Gründer
- Anne-Laure Parmigiani, Projektleitung (Uhrmacherin und Graveurin)
- Anne-Marie Moser, Designerin
- Francis Rossignol, Restaurator
- Christie Girel, Restauratorin
- Bernard Muller, Angleur
- Laurent Jolliet, Kettenmacher
- Eddy Jaquet, Graveur
- Vanessa Lecci, Emailleuse
- Les Artisans Boîtier, Gehäusehersteller
- LM Cadrans, Zifferblatthersteller