Ein Gespräch mit Lars Bühlmann, Senior Product Design Engineer bei Oris darüber, wie man eine seit 80 Jahren produzierte Designikone überarbeitet.
Oris lanciert heute, am 25. November 2021 eine neue Version seiner seit 80 Jahren produzierten Design-Ikone Big Crown Pointer Date. (Bild rechts).
Aber nicht nur das Design ist neu (und für manchen Kenner der Linie vielleicht auf den ersten Blick etwas ungewohnt): zusätzlich zum neuen optischen Auftritt stattet Oris die neue Big Crown Pointer Date mit dem eigenen Manufakturkaliber 403 aus.
Wir sprechen mit Lukas Bühlmann, Senior Product Design Engineer bei Oris darüber, wie die 80 Jahre alte Designikone überarbeitet wurde:
Lukas, möchtest Du Dich unseren Lesern bitte kurz vorstellen?
Gerne: Mein Name ist Lukas. Ich bin 35, in der Schweiz geboren und aufgewachsen, und bin der Senior Product Design Engineer von Oris. Ich arbeite seit sechs Jahren als Designer für Uhren und Verpackungen für Oris. Das ist recht aufregend.
Wie viele Leute sind in Deinem Team?
Wir sind etwa 10, je nach Projekt. Dazu gehören Designer, Materialexperten und Werkeentwickler. Dazu gesellen sich auch Marketing- und Regionaldirektoren, weil der globale Input bei der Entwicklung von Uhren wichtig ist.
Macht es den Prozess nicht komplizierter, wenn so viele mitreden?
Klar, aber wer sagt, dass es einfach sein soll? Besser so, als etwas Esoterisches zu entwickeln, das sich ein Einzelner ausgedacht hat und das niemandem gefällt. Das entspricht uns nicht als Marke und ist nicht das, was unsere Uhren ausmacht. Wir bauen Uhren für heutige Weltbürger, deshalb müssen wir viele Ansichten berücksichtigen. Konsens ist eine schöne Sache.
Woher kommt Deine Inspiration?
So ziemlich von überall her: Geschichte, Produkte, Architektur, neue Materialien und das Thema Nachhaltigkeit. Und natürlich Oris mit seinen Werten und Absichten. Wenn man neue Produkte designt und entwickelt, ist es wichtig, ein breites Spektrum von Interessen und Einflüssen zu haben, um zu verstehen, wie die Welt denkt, wenn man ein Produkt entwickeln soll, das täglich weltweit benutzt werden soll.
Es gibt im Uhrendesign so viele Einschränkungen. Wie gewichtet Ihr sie?
Das stimmt in dem Sinne, dass wir mit einer Oberfläche von wenigen Quadratzentimetern arbeiten und unser Produkt schön, ergonomisch und zuverlässig sein soll. Doch wenn es um Details geht, gewichten wir nicht eine Funktion oder ein Teil höher. Im Gegenteil: alles ist wichtig. Letztlich müssen alle Details zusammenspielen und eins werden.
Gibt es auf diesem Weg Regeln als Rahmenbedingung für die Designs?
Das hängt davon ab, was man mit Regeln meint. Es gibt keine strikten Design-Vorgaben, da wir viele verschiedene Uhrentypen bauen. Taucheruhren und Fliegeruhren bauen wir in unterschiedlicher Weise. Doch all unsere Uhren gleichen sich, indem sie sinnvoll und von guter Qualität sein müssen. Das Produkt muss stimmen.
“Ein Design ist abgeschlossen, wenn es uns lächeln lässt. Dann können wir sicher sein, dass es unsere Kunden ebenfalls lächeln lässt“.
Wie lange dauert dieser Prozess?
Das ist unterschiedlich. Manchmal sind es sechs Monate. Aber wenn wir an einer neuen Produktfamilie arbeiten oder ein neues Werk integrieren, kann es zwei Jahre dauern – da ist Geduld gefragt.
Wie merkt man, wenn ein Design soweit ist?
Soll ich ehrlich sein? Aus der Sicht des Designers ist ein Produkt nie fertig. Wir sind nie zufrieden, stellen dauernd Fragen und sind neugierig. So erreicht man einen Punkt, an dem die Absicht im Produkt sichtbar wird. Wir haben das Glück, dass wir als Unabhängige eine starke Identität und eine klare Botschaft haben, weshalb wir kaum Kompromisse eingehen. Grundsätzlich ist ein Design abgeschlossen, wenn es uns lächeln lässt. Dann gehen wir davon aus, dass es den Kunden auch lächeln lässt.
Das Modell Big Crown ist seit über 80 Jahren in der Oris Kollektion. Was bedeutet es, an einer solchen Ikone zu arbeiten?
Wir haben großes Glück, dieses Design zu besitzen. Die Leute kennen und lieben es. Doch eine Überarbeitung ist natürlich eine große Herausforderung. Die definierenden Codes müssen bewahrt und in einem modernen Kontext ausgedrückt werden. Hier bedeutet das, mit der großen Krone und der Gehäuseform zu beginnen und die übrigen Elemente laufend anzupassen.
Was ist am Modell mit dem Calibre 403 neu?
Der augenfälligste Unterschied besteht in der Lünette und dem Gehäuseboden, wo wir die Riffelung wegließen, sodass die Uhr nun näher am Original von 1938 ist. Passend zur Lünette sind die Zeiger nun ebenfalls geradlinig. Für die Zahlen entwarfen wir eine neue, modernere Typographie. Und wir haben die Gehäusegröße auf 38 mm reduziert. Sie sieht nun zeitloser aus. Der Einbau des Calibre 403 bedeutete auch die Einführung einer kleinen Sekunde bei 6h.
Letzte Frage: Was sagt diese Uhr letztlich über Oris und das Oris Uhrendesign aus?
Das Produkt ist ein Meilenstein für Oris, weil es zeigt, wie unser Design-Erbe und unser innovatives Uhrwerks-Entwicklungsprogramm sich in einem modernen Uhrendesign vereinen können. Das birgt enormes Potenzial.
Lars. wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Dir noch viele Momente, in denen Du über ein neues, gelungenes Design lächeln kannst…