Uhren aus Glashütte, für viele Uhrenkenner, -Sammler und Experten längst ebenso wertvoll wie Modelle großer Schweizer Marken mit dem Zusatz „Swiss Made“ genießen nun auch einen vergleichbaren gesetzlichen Schutz.
Während das „Swiss Made“ allerdings für die gesamte Schweiz gilt, gilt „Glashütte“ nur für den sehr eng begrenzten geografischen Raum. Es handelt sich seit 1938 erst um den zweiten Fall eines Spezialschutzes für eine geografische Herkunftsangabe eines technischen Erzeugnisses im Industrieland Deutschland.
Die neue Glashütte-Verordnung passierte am 11. Februar 2022 den Bundesrat in Berlin: ein Ritterschlag für die Uhrenstadt im Erzgebirge.
Denn die Herkunftsbezeichnung „Glashütte“ erlangt mit der neuen Verordnung einen bedeutenden Sonderstatus und ist damit erst der zweite Spezialschutz einer solchen Herkunftsbezeichnung seit 1938. Die Verordnung ist von großer Bedeutung, denn sie betrifft zu gleichen Teilen Rechtspolitik, Wirtschaftspolitik und regionale Strukturpolitik.
Sie sichert Arbeitsplätze und ist ein Beispiel für den Erfolg traditioneller, aber stetig weiterentwickelter Handwerkskunst. Für Nomos Glashütte und andere Hersteller vor Ort bedeutet die neue Verordnung nun eine wesentlich bessere rechtliche Grundlage und besseren Schutz vor etwaigen Trittbrettfahrern.
Vor allem jedoch profitieren die Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie können sich darauf verlassen, dass Uhren, auf denen „Glashütte“ steht, tatsächlich mit allen qualitätsrelevanten Herstellungsschritten in dem Traditionsort hergestellt wurden.
Denn jeder, der mit diesem Namen wirbt, hat sich strikt an die Vorgaben der Verordnung zu halten. Eine 1992 entstandene „Glashütte-Regel“ besagte bereits, daß mindestens 50% der Wertschöpfung einer Uhr aus Glashütte vor Ort, also in Glashütte zu erfolgen habe. „Doch wie in Zivilprozessen üblich, galt diese Entscheidung nur zwischen den Parteien“ so Dr. Wolfgang Straub von Klaka Rechtsanwälte in München. Er ist mit seiner Kanzlei einer der Pioniere beim Wettbewerbsschutz für die geographische Herkunftsangabe „Glashütte“ und schon seit über 30 Jahren mit der zulässigen Benutzung der Herkunftsbezeichnung befasst.
Die Glashütteverordnung ist nach „Solingen“ für Messer aus Solingen seit 1938 erst die zweite geografische Ursprungsbezeichnung, deren Schutz in Deutschland in einer eigenen Verordnung festgelegt wird.
Was das Prestige der Bezeichnung „Glashütte“ nicht unerheblich aufwertet. „Für die Hersteller aus Glashütte ist das ein echter Durchbruch. Der Gesetzgeber erkennt endlich die besondere Qualität der Glashütte-Uhren an. Dieser Ritterschlag für die Uhrenindustrie in Glashütte hebt sie weit über andere Produkte hinaus auf eine Stufe oberhalb von Made in Germany“, erklärt Dr. Wolfgang Straub, der den Entstehungsprozess der Verordnung zusammen mit Partnerin Dr. Carola Onken eng begleitet hat.
„Für mich ist diese Verordnung eine Krönung der traditionellen, aber stets weiterentwickelten Handwerkskunst. Ihr Zustandekommen beweist den Erfolg unternehmerischer Tüchtigkeit und handwerklicher Tugenden“, erklärt Straub.
„Die neue Verordnung bedeutet daher auch ein Mehr an Prestige für diesen besonderen Ort“, sagt Uwe Ahrendt, CEO von Nomos Glashütte. „Und sie ist eine Anerkennung für das, was hier seit 1845 geleistet wird.“ Nomos Glashütte beispielsweise erfüllt die Bedingungen der Verordnung längst nicht nur, sondern fertigt mit einer Fertigungstiefe von bis zu 95 Prozent alle elf Uhrwerke selbst in der eigenen Manufaktur vor Ort.
Die kleine Stadt Glashütte genießt unter Uhrenliebhabern immer schon Weltruhm, jetzt noch mehr. Derzeit arbeiten neun Uhrenhersteller in Glashütte, wo mit diesem Urteil auch etwas Ruhe im Wettbewerbsverhältnis der dort ansässigen Hersteller einkehren dürfte. Nomos Glashütte fertigt (nach eigenen Angaben) mit Abstand die meisten Uhren mit der Herkunftsbezeichnung „Glashütte“.
Ungelöst bleibt damit allerdings nach wie vor der Umstand, daß sich 2012 eine „Fördergesellschaft“ die Rechte an der Marke „Glashütte“ gesichert hatte. Diese hat sich zwar grundsätzlich dem Schutzziel verschrieben, doch die Fördergesellschaft liegt in den Händen des Schweizer Swatch Konzernes und hat pikanter Weise ihren Sitz in der Altenberger Straße 1, also im gleichen Firmengebäude wie die zur Swatch Group zählende Uhrenmarke „Glashütte Original“…
Literaturhinweis:
Verordnung zum Schutz der geografischen Herkunftsangabe „Glashütte“ (Link)
Beschlussdrucksache des Bundesrates vom 11.02.2022 (Link)