Swatch Group Halbjahresbericht: Umsatzrückgang und Gewinneinbruch. Nach eine Gewinnwarnung in der vergangenen Woche, kommunizierte die Swatch Group heute ihren Halbjahresbericht 2016; demnach ging der Nettoumsatz des Konzerns (3.716 Mio) in den ersten 6 Monaten des Jahres um 11,4% im Vergleich zum Vorjahr zurück, das Betriebsergebnis von CHF 353 Mio fiel 53,6% geringer aus.
Wie reagiert der Konzern auf diese Entwicklung?
Die langfristige Strategie der Swatch Group soll unverändert bleiben: 1. Produktionsstandort Schweiz für alle Segmente; 2. Gezielter Ausbau des eigenen Retailnetzes. Die langfristige Strategie und Philosophie des Konzerns, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trotz weniger Umsatz weiter zu beschäftigen und auch weitere Investitionen in die Produktionsbasis Schweiz zu tätigen, bleibt bewusst unverändert. Dies erlaubt es, bei einem Anstieg des Konsums, wie er nach Konzernangaben schon im Juli zu spüren war, viel schneller zu reagieren, um der zusätzlichen Nachfrage entsprechen zu können. Dies wird sich sofort positiv auf die Marge auswirken.
Anstieg des Konsums bereits im Juli erkennbar
Auch im ersten Halbjahr 2016 litt der Konzern unter den anhaltenden weltweiten Turbulenzen, nicht zuletzt geprägt durch den unerwarteten Brexit-Entscheid vom 24. Juni. Swatch Group ist jedoch mit ihren starken 20 Marken und dem eigenen Retailnetz weltweit sehr gut vertreten und aufgestellt und konnte daher im ersten Halbjahr einen Nettoumsatz von CHF 3 716 Mio erwirtschaften. Dies ist zwar ein Rückgang von 11.4%, jedoch im gegebenen Umfeld ein ansehnliches Resultat. Bei den Marken hat insbesondere Harry Winston im Bereich der Haute Joaillerie den Nettoumsatz gesteigert, dies auch dank dem breiteren Retailnetz von nun insgesamt 36 Salons und dem ausgebauten Sortiment von schönstem Diamantschmuck und edlen Uhren.
Die Umsätze entwickelten sich in Lokalwährungen je nach Region sehr unterschiedlich. In China hat sich die Absatzsituation im ersten Halbjahr normalisiert, insbesondere bei den Marken Breguet, Blancpain, Glashütte Original, Omega und Longines, trotz teilweise sehr starker Vergleichsbasis zum Vorjahressemester. Die Nachfrage insgesamt ist sehr positiv.
Retailperformance deutlich besser als Wholesaleperformance
Hong Kong scheint die Talsohle, insbesondere im Retail, nun durchschritten zu sein, wobei der Wholesale nach wie vor auf einem schwachen Niveau verbleibt, weil die Händler vor Ort sehr verunsichert sind, Nachbestellungen deshalb ausbleiben und so das Produktesortiment und somit die Auswahl für die Kundschaft zu sehr reduzieren, was auch erklärt, warum die Retailperformance so viel besser ist als die Wholesaleperformance.
In Europa und in der Schweiz waren die Rahmenbedingungen weiterhin sehr schwierig, da der chinesische und russische Tourismus, infolge der schlechten biometrischen Visaerteilung für Chinesen und der Sanktionen gegen Russland, praktisch ausblieb. Zudem wurden Frankreich und Belgien von Anschlägen getroffen, was den restlichen Tourismus noch weiter beeinträchtigte. Dagegen haben sich Spanien und Italien gut gehalten. In Europa wird eine weitere Verbesserung erwartet.
Die positive Umsatzentwicklung in Südostasien, Indien und im mittleren Osten vermochte jedoch die Situation in Hong Kong und vor allem in Europa nicht zu kompensieren. Der Ländermix und damit die realisierten operativen Margen verschoben sich dementsprechend, was sich direkt auf das Betriebsergebnis niederschlug.
Produktion mit geringerer Auslastung
Die im Uhren- und Schmucksegment integrierte Produktion verzeichnete eine geringere Auslastung gegenüber der Vergleichsperiode vom Vorjahr. Insbesondere Dritte haben weitaus weniger Aufträge platziert oder Bestellungen annulliert, und somit sehr viel weniger Uhrwerke und Komponenten bezogen.
Eigene Marken konnten Produktionsrückgang nicht völlig ausgleichen, Lageraufbau für neue Swiss made Regularien ab 2017
Die konzerneigenen Marken konnten die Arbeitsplätze und die Produktionsauslastung durch zahlreiche Neulancierungen von Produkten etwas ausgleichen, sowie den Lageraufbau, welcher für die erhöhte Swiss made Nachfrage ab 2017 benötigt wird.
Eigenes Retailgeschäft weiter ausgebaut
Das Retailgeschäft verzeichnete allgemein sehr positive Verkäufe. Im Grossraum China und in Südostasien wurden zweistellige Wachstumsraten in Lokalwährung erzielt. Hong Kong befindet sich im Juni wieder auf dem Pfad des Vorjahres. Der Anteil des eigenen Retailgeschäfts konnte insgesamt weiter ausgebaut werden.
Das Segment Elektronische Systeme generierte im 1. Semester dieses Jahres einen Nettoumsatz von CHF 136 Mio, was einem Rückgang von 12.8% entspricht. Die Verkäufe wurden weiter durch die Frankenstärke gegenüber dem USD und dem JPY negativ beeinflusst. Dies trifft jedoch nicht auf die Verkäufe von Renata zu, der Marktführerin von umweltfreundlichen Batterien mit höchster Energiedichte, welche mit einem weiteren Umsatzwachstum abschloss. Das operative Betriebsergebnis im Segment der Elektronischen Systeme erreichte CHF 3 Mio.
Olympische Spiele in Rio de Janeiro erfordern höhere Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe
Die Vorbereitungen zu den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro, die vom 5. bis 21. August 2016 stattfinden werden, erwiesen sich als äusserst schwierig und aufwendig, nicht nur, weil insgesamt 42 Sportarten ausgetragen werden, sondern auch weil die lokalen Rahmenbedingungen und die Situation in Brasilien sehr schwierig sind. Um die perfekte Durchführung der Sommerspiele im Bereich von Zeitmessungen, Resultatangaben und Datenverarbeitung zu garantieren, waren dementsprechend viel mehr Ressourcen, das bedeutet wesentlich mehr Personen- und Sicherheitseinsätze, zusätzliches Material und weit umfangreichere Funktionstests notwendig als im Vergleich zu früheren Spielen. Der dadurch entstandene Mehraufwand in zweistelliger Millionenhöhe wurde bereits im ersten Halbjahr geleistet und verbucht.
Keine Strukturveränderungen im Personalbereich
Im 1. Halbjahr 2016 wurden keine Strukturveränderungen vorgenommen, das heisst, die Arbeitsstellen wurden bewusst beibehalten, insbesondere auch in der Produktion, wo die Auslastung geringer ausfiel als im Vorjahr, sowie bei den Betrieben der Markengesellschaften, dies auf Kosten einer kurzfristig tieferen operativen Marge. Nur einzelne reguläre Abgänge werden derzeit nicht ersetzt. Somit verblieb der Personalbestand per Ende Juni 2016 auf rund 36 000.
Swatch Group investiert weiter in Ausbildung
Swatch Group fördert die Berufsbildung auf allen Stufen, insbesondere jedoch bei den Jugendlichen, die den Uhrmacherberuf oder damit verbundene technische Berufe erlernen möchten. So wurden per Ende Juni 2016 über 180 Absolventinnen und Absolventen ein Berufsdiplom überreicht, in der Schweiz an 140 Personen, welche eine ordentliche Berufslehre abgeschlossen haben, an rund 20 Personen mit einer Erwachsenenberufslehre und in Deutschland an rund 20 Personen. In der Schweiz wurden in diesem Jahr wiederum rund 150 Lehrstellen vergeben, so dass die Anzahl der Lernenden in der Schweiz auf über 490 steigt. Im Ausland sind es derzeit über 210 Auszubildende, wovon alleine über 80 bei Glashütte Original ausgebildet werden. Weiter bildet Swatch Group in den eigenen sechs Uhrmacherschulen Secaucus (USA), Kuala Lumpur (Malaysia), Shanghai und Hong Kong (China), Pforzheim (Deutschland) und Manchester (UK) rund 130 Studenten aus. Praktisch alle Absolventinnen und Absolventen haben ein Arbeitsangebot der Gruppe angenommen.
Hohe Marketing-Investitionen sollen Jahresergebnis in Höhe des Vorjahres unterstützen
Swatch Group erwartet ein klares Wachstum in Lokalwährungen im zweiten Halbjahr gegenüber dem schwächeren zweiten Halbjahr 2015 und damit ein Jahresergebnis näher oder gleich zum Vorjahr.
Die Aussichten des Konzerns, mit dem einzigartigen Markenportfolio und dem globalen Retail- und Vertriebsnetz, bleiben in allen Regionen und Segmenten in Lokalwährungen gut. Mittel- bis langfristig gäbe es viel mehr Opportunitäten als Risiken.
Wachstum speziell bei den Luxus- und Prestigemarken erwartet
In den ersten drei Juliwochen wurde in Mainland China, gegenüber Vorjahr, ein sehr gutes Wachstum erreicht, speziell bei den Luxus- und Prestigemarken Breguet, Blancpain, Glashütte Original, Omega und Longines. In Südostasien sieht man ebenfalls einer positiven Entwicklung entgegen.
Auch in Teilen Europas rechnet man mit einer positiven Entwicklung der Märkte, insbesondere in Italien, Spanien und Grossbritannien. Die Situation in Frankreich und Belgien dürfte schwierig bleiben. Entscheidende Wachstumsfaktoren in den kommenden Monaten wird die Normalisierung des Tourismus in Teilen Europas sowie die weitere positive Entwicklung in China sein. Hingegen sind die Dritthändler in Hong Kong nach wie vor sehr verunsichert, was Nachbestellungen weiter verzögern wird. In Nordamerika und Japan wird sich ein Wachstum in Lokalwährung realisieren lassen.
Ausblick auf das zweite Halbjahr 2016
Die Swatch Group erwartet ein klares Wachstum in Lokalwährungen im zweiten Halbjahr gegenüber dem schwächeren zweiten Halbjahr 2015, und damit ein Jahresergebnis näher oder gleich zum Vorjahr. Die Aussichten des Konzerns, mit dem einzigartigen Markenportfolio und dem globalen Retail- und Vertriebsnetz, werden in allen Regionen und Segmenten in Lokalwährungen als gut bezeichnet.
(Fotos: Archiv)